Donnerstag, 16. August 2007

Gesichtserkennung

Schubladendenken schränkt Hirn ein
Warum für Europäer alle Asiaten so ähnlich aussehen und umgekehrt, haben amerikanische Wissenschaftler in einer Untersuchung mit Studenten herausgefunden.
Warum Menschen anderer Hautfarbe schwieriger auseinanderzuhalten sind
Menschen anderer Hautfarbe sind so schwer auseinanderzuhalten, weil Menschen eine unbewusste Neigung haben, Mitmenschen in verschiedene Kategorien einzuteilen: „Eigen“ und „fremd“. Gesichter von Mitgliedern der eigenen Gruppe werden dabei grundsätzlich genauer wahrgenommen als andere. Dieser Effekt zeigt sich unabhängig von der Art der Gruppe, ob sie nun durch ein gemeinsames Hobby oder die Zugehörigkeit zu einer Familie zustande kommen, oder eben auf einer gemeinsamen Hautfarbe basieren. Das berichten Michael Bernstein von der Miami University in Oxford und seine Kollegen in der Fachzeitschrift „Psychological Science“.

Im Schubladendenken gleichen sich alle

Genauso wie Europäer finden, dass Asiaten sich ähneln, haben auch Asiaten Schwierigkeiten, weiße Menschen voneinander zu unterscheiden. Bisher wurde dieser Effekt auf eine fehlende Gewöhnung zurückgeführt: Da die meisten im täglichen Leben hauptsächlich Menschen mit ihrer eigenen Hautfarbe begegnen, seien sie es einfach nicht gewöhnt, fremdartig aussehende Gesichter zu sehen und zu erkennen, vermutlich weil Menschen in den oben genannten Kategorien denken, so die Psychologen.

Um das zu testen, entwarfen Bernstein und seine Kollegen nun ein Szenario, in dem ausschließlich die Gruppenzugehörigkeit und nicht der Grad der Gewöhnung variierte: Sie zeigten 99 Freiwilligen Fotos von fremden Gesichtern, die die gleiche Hautfarbe hatten wie sie selbst. Von der Hälfte der Abgebildeten behaupteten die Forscher, sie würden die gleiche Universität besuchen wie die Testteilnehmer, während die anderen angeblich Angehörige einer fremden Hochschule waren. Tatsächlich konnten sich die Probanden die Gesichter ihrer vermeintlichen Kommilitonen besser merken als die der anderen, zeigte die Auswertung. Der Effekt war sogar dann messbar, wenn es sich um vollkommen künstliche Gruppen auf der Basis eines fingierten Persönlichkeitstest handelte, schreiben die Forscher.

Entscheidend ist ein Gruppengefühl

Auch ohne Gewöhnungseffekt reicht das Gruppengefühl allein also bereits aus, um die Gesichtserkennung zu beeinflussen, schließen die Forscher. Sie vermuten, dass in dem Moment, in dem das Gegenüber als Mitglied der eigenen Gruppe identifiziert wird, ein automatisches Gesichtserkennungsprogramm anläuft, das bei Angehörigen fremder Gruppen nicht reagiert. Zudem konzentrieren sich Menschen bei fremdartigen Gesichtern möglicherweise eher auf die Merkmale der fremden Kategorie als auf die individuellen Kennzeichen. Im täglichen Leben spielen wahrscheinlich beide Effekte, die soziale Kategorisierung und die Gewöhnung, eine Rolle – zu welchen Anteilen, müsse nun untersucht werden, schreiben die Forscher.
cst/ddp

Keine Kommentare: